Brief aus Reichenberg vom 1. Februar 1945, geschrieben am 31. Januar 1945, gesendet nach Baden bei Wien, Eingangsstempel vom 5. Februar 1945.
Aus dem Text:
„...Die Zeiten sind sehr ernst geworden und werden es scheinbar immer noch ernsterererer [sic]. Augenblicklich das unangenehmste ist mir, dass mein lieber Hansl bereits zum Volkssturm einberufen ist, er macht bereits die Abrichtung seit Samstag, den 28.1. mit. Ein Entkommen scheint fast unmöglich, trotzdem wir alles versucht haben, eine Zurückstellung zu erreichen, aber trotzdem ist noch Hoffnung, dass er die Z-Karte bekommt durch das Bad hier. Er hätte sie wahrscheinlich bekommen, wenn er die ganze Woche in Bade beschäftigt wäre, aber nachdem dies nur für nicht ganz drei Tage der Fall ist, wurde es nicht gleich bewilligt. Das Bad hat nochmals die Dringlichkeit erwähnt u.s.w., also ich hoffe doch noch, dass mein Hansi von dem Verein loskommt. Die Abrichtung ist hier in der Rchbg. Kaserne, Hansl kann heimgehen essen und schlafen, also solange es so ist, ist es noch erträglich, wenn auch die grimmige Kälte beim Exerzieren bitter genug ist. Was wir noch alles erleben werden, weiss der liebe Gott, hoffentlich kommen wir alle mit heiler Haut durch und vor allem unser Helgerl soll ein besonders braves Schutzengerl haben, damit ihr nichts passiert. Wir hängen ja alle so sehr an ihr und sie ist wirklich unser ganzer Lebensinhalt. Ich bin mir der Schwere der jetzigen Zeit voll und ganz bewusst, man sieht ja täglich und hört erzählen von den armen Flüchtlingen, man kann sagen, unserer nächsten Umgebung, denn von Breslau kommen schon unzählige Menschen immer wieder. Wenn es so weitergeht, kommen wir auch noch dran, aber dann, wohin, die Möglichkeit einen Ort zu finden, wo man sicher ist, wird immer geringer und ist eben nicht mehr vorhanden. Ausserdem wo sollen denn all die Leute, die jetzt zu uns flüchten hin und wir noch dazu? Es ist ja ohnehin viel Unglück geschehen durch die Menschenmengen und die grimmige Kälte. Kinder sollen ja so viele erfroren sein. Mein ganzes Nachsinnen, d.h. Arbeiten gilt jetzt nur mehr für den Fall, dass wir auch flüchten müssen...Nun etwas wichtiges: Nachdem Hansl jetzt beim Volkssturm ist und wenn ich wirklich von hier weg müsste und Hansl auch weg wäre, könnten wir beide uns nicht einmal schreiben oder verständigen. Da haben wir ausgemacht, dass, wenn Hansl von mir und ich von ihm keine Adresse habe, dass wir beide an Euch... unsere Adressen bekanntgeben...Was macht bei Euch der Volkssturm? Ihr seid hoffentlich verschont worden. Wie die Stimmung ist, brauche ich nicht erst fragen, ich sehe ja wie sie hier ist bei den Sudetenblöden [sic]...“
Die Z-Karte oder Zuweisungskarte sicherte den Rekrutierten den Verbleib im „Zweiten Aufgebot“. Das zweite Aufgebot sind die Männer, die unabkömmlich sind, also zum Beispiel als Rüstungsarbeiter in der Industrie eingesetzt waren. Die Zahl der Männer, für die eine Z-Karte ausgefertigt wird, darf im allgemeinen 50 % der im Gau zur Erfassung im Deutschen Volkssturm in Betracht kommenden Männer nicht übersteigen.
Grüsse