Hallo alle zusammen,
aus persönlichem Interesse, mein Vater war mit der III. Gruppe des Zerstörergeschwaders 26 "Horst Wessel" ( III./ZG 26 ) mehrere Monate in 1944 auf dem Fliegerhorst Königsberg-Neumark stationiert, habe ich recherchiert, um bestehende Unklarheiten zu Fliegerhorsten namens "Königsberg" anzusprechen.
Leider irren sich bei der Stationierung der III./ZG 26 im Zeitraum März 1944 - November 1944 die Autoren Michael Holm: You are not allowed to view links.
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Login und Mattiello Ginfranco " Fliegerhorst-kommandanturen und Flugplätze ...", 2. Auflage. Auf Seite 481 sind erhebliche Fehler bei den Stationierungen auf den Fliegerhorsten "Königsberg" zu finden.
Zum Fliegerhorst Königsberg-Neumark (Provinz Brandenburg; heute Chojna / Polen)
Koordinaten : 52°56' N - 14°25' O
Klassifizierung : Fliegerhorst
Fp# : ohne, da "Heimatkriegsgebiet" = offene Anschrift
Örtl. Lage : 2,6 km südwestlich vom Rathaus Königsberg (Neumark)
Luftlinie : Berlin - Königsberg (NM) = 85 km
Liegeplatz u.a. für: Stab/ZG 26 mit Bf 110 / Me 410 vom 22.3. - 31.7.44
I./ZG 26 mit Me 410 vom 17.5. - 8.44
II./ZG 26 mit Me 410 vom 24.3. - 11.44
III./ZG 26 mit Bf 110 vom 22.3.44 - 10.5.44
Ab Juni 1944 wurde KB-NM = E-Hafen für das ZG 26, was aus der relativ geringen Entfernung zu den einfliegenden Bomberverbänden logisch ist !
Eine Stationierung von Teilen des ZG 26 in Königsberg-Devau (Ostpreußen) bei einer Luftlinie Berlin - KB = 528 km ist nicht zu rechtfertigen.
Einsatzhäfen (E-Häfen) ... wegen ihrer Größe und auch begrenzten Zahl war im Kriegsfall damit zu rechnen, dass der Gegner die Truppenkonzentration auf Fliegerhorsten schnell erkennt und sie gezielt bekämpft.
So schuf man ab 1935 zur Entflechtung und Tarnung des Aufmarsches eine Reihe weitgehend unbesetzter, aber hinsichtlich ihrer Anlagen aktionsfähige Plätze, die sogenannten E-Häfen. Mit Beginn der Mobil-machung hatten diese dann die Masse der für den Einsatz bestimmten Verbände aufzunehmen und ihre Einsatzbereitschaft sicherzustellen. Die E-Häfen waren vorrangig für die Aufnahme von Kampf-, Sturzkampf- und Zerstörerverbänden vorgesehen.
Eine erste Belegung des Fliegerhorstes KB-NM ist für den Beginn des Angriffs auf Polen (1.9.1939) dokumentiert. Danach waren zunächst bis 1943 Ausbildungsverbände auf dem Fliegerhorst stationiert, denen Einsatzverbände folgten. In vielen Fällen wurde der rund 90 km nordwärts von Berlin gelegene Fliegerhorst zur Neuaufstellung und Einsatzgewöhnung genutzt.
Die
III.Gruppe des ZG 26 lag ab Oktober 1943 bis 22. März 1944 in Wunstorf. Ausgerüstet mit der Bf 110 wurde sie zur Reichsluftverteidigung eingesetzt.
Ende März 1944 verlegte das gesamte ZG 26 (außer I./ZG 26, die erst im Mai 1944 folgte) nach Königsberg-Neumark, um aus der Reichweite der US-Langstreckenjäger zu kommen. Der immer stärker werdende Jagdschutz machte es für die Bf 110 und Me 410 nahezu unmöglich, zu den Bombern vorzustoßen. Da die meisten nur kurz geschulten und damit unerfahrenen Piloten den schweren Jäger Bf 110 und die Me 410 "Hornisse" in der Reichsverteidigung flogen, erlitten die fliegenden Verbände hohe Verluste im Kampf gegen die amerikanischen Jagdverbände.
Die I. und II. Gruppe wurde ab März 1944 auf die Me 410 umgerüstet und gegen die alliierten Bomberverbände ohne Jagdschutz eingesetzt. Die Einsätze erfolgten vor allem im süddeutschen und mitteldeutschen Raum.
Die Hauptaufgabe der schwerbewaffneten Zerstörer Me 410 bestand unter anderem darin, die amerikanischen Bomberpulks mittels Raketen "WG 21" auseinanderzusprengen. Die so aufgelösten Formationen der B 17-Bomber oder B 24-"Liberator" der 8. USAAF sollten dann von den Bf 110 und Me 410 erfolgreicher bekämpft werden. Die Erfolge der Zerstörer waren jedoch sehr gering, so dass Im Spätherbst 1944 der General der Jagdflieger Adolf Galland bei einem Besuch des ZG 76 verkündet, dass die Zerstörerfliegerei eingestellt wird und die bestehenden Verbände den Jagdgeschwader der Tagjagd zugeordnet werden.
Mit Übernahme der ersten Serienmaschinen Me 262 durch die Luftwaffe Anfang Mai 1944 erging an die in Königsberg-Neumark liegende III./ZG 26 der Befehl, Teile der Gruppe zur Umschulung auf die Me 262 nach Süddeutschland zu verlegen.
Im Kriegstagebuch der III.Gruppe ist vermerkt: "9.5.1944: Gruppenstab und Stabskompanie verlegen in Bahntransport nach Lechfeld. 8. und 9. Staffel sollen am 10.5. verlegen. 12.5.1944: Einrücken am Horst. Besprechung mit Kdr. Erprobungsgruppe Hptm. Thierfelder. Es sollen 14 Besatzungen der Gruppe nach Lechfeld kommen. Das Bodenpersonal und die Funktionsgrade sollen in Lechfeld die Betreuung der Me 262 lernen. Bodenpersonal der 8.Staffel in Leipheim und der 9.Staffel in Schwäbisch Hall arbeiten am Bau und der Montage der Me 262 mit, um die Maschine kennenzulernen. 13.-17.5.44: Stabskompanie und Stab übersiedeln in ein Baracken-lager etwa 3 km vom Horst entfernt. Vom fliegenden Personal werden 14 Besatzungen zum Erprob.-Kdo. kommandiert, die am Horst wohnen."
Ab 11. Mai 1944 war die III./ZG 26 in Leipheim und ab dem 23. Mai bis 26. September 1944 in Lechfeld stationiert. Am 26.09.44 wurde die III.Gruppe aufgelöst. Stab, 8. und 9. Staffel kamen zum Erprobungskommando Me 262, die 7. Staffel wurde zur 16./JG 76.
Am 27.9.44 verlegten die Kommandos von ihren bisherigen Einsatzorten nach Achmer. Auch die Bodenteile der ehemaligen III./ZG 26 trafen am 30.09.44 in Achmer ein und können schon bald die Wartung der Me 262 übernehmen.
Im Juni 1944 wurde eine mit Bf 110 und Ju 88C ausgerüstete
IV. Gruppe des ZG 26 aufgestellt, die im November 1944 auf die Me 410 umrüstete. Die IV. Gruppe des ZG 26 war der Rest des Geschwaders, der 1945 noch existierte. Die Gruppe lag auf verschiedenen Plätzen Norwegens verteilt. Am 23.02.1945 wurde die Gruppe aufgelöst. Der Stab und die 10. Staffel wurden vom Jagdgeschwader 5 (JG 5) als dessen II.Gruppe übernommen; die 12. Staffel wurde aufgelöst. Die 11. Staffel blieb bis Kriegsende in Örlandet bestehen.
Zur weiteren Geschichte des Fliegerhorstes: Am 04.02.1945 wurde die Stadt KB-NM und der Fliegerhorst durch die Rote Armee besetzt. Der Fliegerhorst wurde sofort mit sowjetischen Fliegerkräften belegt, die bis 1992 hier blieben. In den 50er Jahren wurden eine 2.300 m lange Start- und Landebahn, Flugzeugschutzbauten und ein Atombunker gebaut.
Vor zwei Jahren besuchte ich den ehemaligen Fliegerhorst Königsberg-Neumark in Chojna (Polen). Er ist uneingeschränkt zugänglich. Nur eine Flugzeugschutzhalle war noch nicht belegt (Foto); alle anderen Hallen werden als Materiallager genutzt und sind verschlossen. Eine Betonrollbahn ist noch vorhanden und wird von Kleinflugzeugen genutzt.
Quellen: Michael Meyer - Paul Stipdonk: "Die Deutsche Luftwaffe / Zerstörer- und Nachtjagdverbände, Teil 4"
Klaus Böhm: "Kennnummern der Feldpostämter 1939-1945"
Jürgen Zapf: "Flugplätze der Luftwaffe 1934 - 1945 - und was davon übrig blieb"
Mattiello Ginfranco: "Fliegerhorstkommandanturen und Flugplätze der deutschen Luftwaffe 1935-1945, 2. Auflage"
MfG Arkul
PS: mein nächster Beitrag wird zu Königsberg-Devau sein; etwas später möchte ich unter "Traditionsverbände" umfangreichere Ausführungen zum Zerstörergeschwader "Horst Wessel" machen.