Hallo,
hier 2 Briefe aus der Heimat v. 12.2.45 und 19.2.45 an einen Soldaten im Kurland-Kessel.
Der Zustand der Briefe ist nicht besonders ansehnlich. Sie sind allerdings aus dem Kessel
zurück gekommen und dürften einiges mitgemacht haben.
Wie mag der Soldat sich wohl mit diesen Nachrichten gefühlt haben?
Es liegen noch 3 Briefe v. 27.12.44, 10.01.45 u. 15.01.45 vor,
auf denen auch die FPA-K-Nr.: 735 vermerkt ist.
Bahnpoststempel Cottbus – Neu Brandenburg, Zug 008 v. 12.2.45 an
Fp. Nr.: 13565 = 1. Battr. Heeres-Art. Abt. 929 / U.: 18. Armee / Kurland
FPA-K-Nr.: 735 = FPA 880 in Stavanger / Norwegen
Abs.: Aus Crossen (Oder), Bergstraße 12
Crossen (Oder) d. 11.2.45
Lieber Sohn!
Ich will Dir wieder ein paar Zeilen schreiben und Dir mitteilen, daß wir noch gesund sind. Wir sind noch bei (Finke?), aber Du weißt ja bei die zu sein ist ja nicht gerade ein Hochgenuß. Wenn wir nur erst wieder hoch könnten, aber über die Oderbrücke darf niemand mehr wohnen und dieser Tage kam schon der Befehl, daß die Innenstadt bis bei Alting geräumt werden soll. Aber in der Stadt wohnen deshalb doch noch vereinzelt Leute. Bei uns auf dem Berge ist von der Oderbrücke nur bei (S?) in den Laden ein Ding rein gegangen. Dann ganz bei uns in der Nähe bei Schneider Lehmanns in Giebel, dann bei Töpfer Gulker das halbe Dach, auch bei Scharfs natürlich sind dann in der Nähe die ganzen Fensterscheiben kaputt, bei uns sind auch aus der Schaufensterscheibe 2 Teile kaputt, aber wenn es so bleibt, wollen wir noch Gott danken auch in der Stadt lagen die Straßen mit Glas und Trümmerstücken bedeckt. Wilhelmshof ist abgebrannt. Am Dienstag d. 6.2. lieber Sohn, da war es wirklich schlimm mit der Schießerei, da hatten (Finkes?), auch schon Ihren Wagen gepackt und wir wollten von hier weitertürmen, aber ehe wir wegfuhren, hatte es sich wieder beruhigt und wie gut das wir noch hier sind, denn unsere Soldaten haben sich hier in der Umgebung schon schön benommen, wo die Leute raus sind, da plündern und rauben sie alles aus. Eben haben (Finkes?) auch wieder Einquartierungen bekommen. Fast in jedem Haus liegen jetzt Soldaten lieber Sohn, wer hätte das mal gedacht, daß sich hier mal der Krieg abspielen wird. Ein jeder ist gespannt, wie das mal enden wird. Hoffentlich lieber Sohn, sehen wir und noch einmal wieder. Bei uns oben hatten wir noch keine Soldaten. Ich bin auch froh, die würden ja auch alles durchstöbern, trotzdem oft angeschlagen ist, wer plündert und raubt wird erschossen oder erhängt.
Deinen guten Anzug, (?) und noch so verschiedenes habe ich eingepackt und mit hier.
Für heute werde ich nun schließen, ich muß nun erst sehen, wie ich den Brief fortbekomme, denn die Post ist getürmt. Nun kommt hier keine Post an und es geht auch keine weg. Dann
will ich noch mal rauf fahren, weil es bis jetzt noch ziemlich ruhig ist. Wenn sie so sehr schießen, ist es zu gefährlich. Bei (Propper?) soll auch schon wieder ein Ding reingegangen sein. Ich hoffe doch, daß Du noch gesund bist.
Sei nun nochmals herzlich gegrüßt von Deiner Mutter.
Viele Grüße von (Finke?).
Friedrichsroda (Thüringen) v. 19.2.45 an Fp. Nr.: 13565
Abs.: Obergefr. aus Res. Laz. Friedrichsroda war vorher bei Fp. Nr.: L09539 =
5. Battr. Flak-Rgt. 141 // 12/44 in der Eifel.
Friedrichsroda, den 18.2.45
Lieber Freund Wille!
Mit Freuden erhielt ich soeben Deinen lieben Brief. Habe also tausend Dank dafür. Will ihn Dir nun heute zum Sonntag gleich wieder kurz beantworten.
Dachte ich doch schon, daß wir Beiden uns nun im Gedränge des Lebens nun verloren hätten. Das dies nun aber nicht der Fall, freut mich ganz besonders. Es wäre ja auch schade gewesen, wenn wir nun plötzlich nach Jahren, auf einmal von einander nichts mehr gehört hätten.
Wie ich aus Deinen lieben Zeilen ersehen kann Willi, steckst Du nun oben im Kurland. Na mein Lieber, laß Dich nur nicht vom Iwan kassieren. Was sagst Du zum Russen?
Der macht uns schwer Kummer u. Sorgen nicht wahr? Ende Januar sagten sie im Radio Kämpfe zwischen Crossen u. dem Oderbruch. Heute hörte ich bei den Nachrichten Kämpfe zwischen Crossen u. Lauban / Schles. Also mein Lieber, von unserer schönen Heimat wird wohl da nicht mehr viel stehen. Ich weiß auch gar nicht, was aus meinen Eltern u. Angehörigen geworden ist. Weißt Du, was aus Deiner Mutter geworden ist? Na, hoffen wir das Beste, das Schlechte kommt von selber.
Ich glaube ja kaum daran, daß meine Eltern von daheim weggegangen sind. Sie werden gesagt haben, wo wollen wir auf unsere alten Tagen noch hin, außerdem sie haben gemußt.
Na, es ist ja noch möglich, daß ich noch von ihnen eine Nachricht bekomme.
Meine Wunde u. auch die Schnitte von der Operation sind schon sehr schon am Heilen. Also so sehr lange kann es nicht mehr dauern, dann marschiere ich wieder.
Am 6.2. sind hier in Friedrichsroda die ersten Bomben gefallen. Die Schäden u. Verluste haben für die kleine Stadt natürlich vollständig zugereicht. Du siehst also Willi, man ist nicht im Laz. mehr sicher. Wollen hoffen, daß der siegreiche Frieden bald kommt, u. wir uns gesund wiedersehen. Ob ich wieder werde zu meiner Einheit L 09539 kommen? Mein Ersatz liegt in Iserlohn, Westfalen. Na, müssen abwarten, vielleicht ist bis dahin der Krieg auch schon aus, oder glaubst Du nicht?
Sonst wüßte ich für heute nichts Neues weiter zu berichten. Also mein Lieber, laß Dich recht bald wiederhören, damit mich Dein Brief noch hier im Laz. antrifft.
Nun lieber Willi mache es gut u. halte die Ohren steif.
Es grüßt Dich nun vielmals u. in aller Frische Dein Freund Kurt.
HW33175
