Hallo!
Hier 3 Feldpostbriefe aus dem Kurlandkessel mit Stempeldatum v. 22.2.45, 10.4.45 "a" und 18.4.45.
Absender ist ein Stabsintendant bei der Fp. Nr.: L 17329 LGPA Berlin = Kdo. Flgh. Ber. 4/I in Dzerve (LV)
(bis zum 13.1.45 war er bei der Fp. Nr.: L 12829 LGPA Königsberg = Fl. H. Kdtr. (E) 207/I / U.: Koflug 4/I)
Fp. Nr.: L 17329 LGPA Berlin v. 22.2.45 mit Tarnstempel (26H)
Kdo. Flgh. Ber. 4/I ab 8.10.44 in Dzerve (LV)
U.: Lg. Kdo. I (Westpreußen – Pommern
den 18. Februar 1945
Meine liebe Anneliese!
Es ist Sonntag – Mittag. Soeben komme ich vom Essen zurück und höre mir nun das Volkskonzert an. Um 14 h ist Bekleidungsappel angesetzt, wo ich mich dann etwas sehen lasse. Später habe ich Besuch zu erwarten – einige Offiziere von den Aufklärern, die mich trösten wollen. Es sind famose Kerle, die ich schon länger kenne. Gestern Abend war ich beim Horst, wo sie auch waren. Da haben wir dann dies ausgedacht. Sie wollen in unseren verkalkten Laden etwas frischen Wind bringen. Ohne Alkohol geht es da natürlich nicht ab. Es schadet aber auch nicht.
Seit gestern ist nun die 5. Kurlandschlacht im Gange. Es soll die schwerste werden.
Wir sind aber nachwievor zuversichtlich. Wenn es im Reich auch bald besser werden wollte, könnten wir schon mal wieder vertrauensvoller in die Zukunft sehen. Wir tuen es aber auch so. Zurzeit zieht man aus allen Kommandanturen wieder jüngere Jahrgänge heraus. Vielleicht landen wir alle nochmal im Graben. Mein Onkel August aus Lashorst ist auch noch hier oben in Kurland, wie es mir jetzt schrieb.
………
Das Wetter schwankt hier zwischen 0 u. -3 Grad. Es liegt noch eine schöne Schneedecke. Da es überwiegend trübe ist, sind wir auch vor russischen Fliegerangriffen einigermaßen sicher.
Für heute grüßt und küßt Euch beide herzlichst Euer Erich.
Fp. Nr.: L 17329 v. 18.4.45 mit Tarnstempel (26H)
Kdo. Flgh. Ber. 4/I ab 8.10.44 in Dzerve (LV)
U.: Lg. Kdo. I (Westpreußen – Pommern)
den 2. April 1945
Meine liebe Anneliese!
Heute ist der zweite Ostertag. Da wir sowieso nichts zu tun haben, machen wir heute auf Sonntag. Leider regnet es schon den ganzen Tag. Der Frost kommt bzw. ist zum größten Teil schon aus der Erde. Der Erfolg ist, daß überall ein fürchterlicher Schlamm liegt. Die Straßen sind nicht wie bei uns, sondern fast ohne Untergrund gebaut. Es ist unmöglich mit einem Auto durchzukommen. Jetzt sind hier auch alle gesperrt. Also muß alles mit Pferd und Wagen erledigt werden. Ob es uns gelingt, die Verpflegung, 20 km weit weg zu fahren, wo die Wagen bis an die Achsen einsinken, muß abgewartet werden.
Bei diesen Verhältnissen wird mein Nachfolger – Koslowski aus B. – noch nicht so schnell herankommen, da er ca. 200 km weit weg auf einem Horst liegt. Der Oberstabsintendant, den ich ablöse, will heute nach Windau fahren, um von dort mit einer Maschine ins Reich zu fliegen. Der Flugverkehr besteht von hier nach Wismar.
Am Sonnabend war ich zum Rehbratenessen auf dem Horst. Im Laufe dieser Woche werde ich nun wieder ganz dort unten in Verpflegung gehen.
Soeben kommt der Wehrmachtsbericht, wo es heißt, daß die Amerikaner bis beiderseits Bielefeld durchgestoßen sind. Nun ist unser schöne Heimat auch in Feindeshand. Da wird das
Briefeschreiben auch kaum mehr Zweck haben, denn bis ein Brief in 14 Tagen dort ist, hat sich schon wieder, wer weiß was, ereignet.
Ich bekam heute einen Brief, aus dem ich ersehe, daß sie beim Angriff am 29.1. noch mit dem Leben davon gekommen sind. Auch Werner schrieb mir aus Merkdrewitz. Von Dir erhielt ich 2 Kalender, herzlichen Dank! Da mit der neuen Feldpostnummer noch nichts eingeht- hier allgemein nichts – schreib bitte wieder unter L 12829. Das geht z. Zt. immer noch am besten, während hier der Stab unter L 17329 seit 70 Tagen nichts gekriegt hat. Ich denke, daß dieser Brief auch mit einer Kuriermaschine abgeht, so daß Du etwas schneller in den Besitz kommst. Übrigens werden 250 RM auf unser Kto. von Major Walz, Potsdam überwiesen. Ich habe ihm das Geld hier gegeben. Das wäre wiedermal alles für heute.
Herzlich gegrüßt und küßt Euch beide Euer Erich.
Fp. Nr.: L 17329 v. 10.4.45 „a“
Kdo. Flgh. Ber. 4/I ab 8.10.44 in Dzerve (LV)
U.: Lg. Kdo. I (Westpreußen – Pommern)
den 7. April 1945
Meine liebe Anneliese!
Soeben erfuhr ich, daß in 10 Minuten noch eine Maschine fliegt, daher schnell noch ein Gruß, der Dich hoffentlich noch erreicht! Mir geht es noch gut. Mein Umzug zum Btl. Intendanten erfolgt morgen.
Zwar sind wir alle noch zuversichtlich, wenn ich die Lage auch für verzweifelt und aussichtslos ansehe. Ich schätze, daß wir in 14 Tagen im Reich und dann (?) auch ausgekämpft haben. Was dann kommen mag, wer weiß es.
Ich werde immer an Euch denken, aber in russische Gefangenschaft gehe ich nicht. Vielleicht sehe ich das zu schwarz und alles nimmt noch ein gutes Ende. Hoffen wir weiterhin das Beste. Ich wünsche Euch alles Gute und bin mit herzlichen Grüßen und einigen Küssen Dein Erich.
HW33175